Dienstag, 17. April 2012

Advocatus Diaboli - oder - Wahrheit vor Zieldienlichkeit?

Der lateinische Ausdruck Advocatus Diaboli (Betonung auf dem a von Diaboli), zu deutsch‚ Anwalt des Teufels‘, bezeichnete in der römisch-katholische Kirche die Person, die im Verfahren der Selig- bzw. Heiligsprechung Argumente gegen die besprochene Persönlichkeit zu sammeln und vorzutragen hatte (seit 1983: Promotor Justitiae ‚Förderer der Gerechtigkeit‘).
Heutzutage:
Im weiteren Sinn wird im Bereich der Rhetorik jemand als advocatus diaboli bezeichnet, der mit seinen Argumenten die Position der Gegenseite vertritt, ohne ihr selbst anzugehören. Umgangssprachlich wird damit auch eine Person bezeichnet, die alles hinterfragt und grundsätzlich die Gegenposition einnimmt.

Der Advocatus Diaboli ist meiner Meinung nach die höchste Form des Hinterfragens: Erst wenn man die Dinge, die man selbst für wahr und richtig hält, zu allererst selbst hinterfragt und sich mit den Gründen der Gegenposition auseinandersetzt kann man sich wirklich ein Bild machen.

Ich selbst habe den Drang, Leute, die meine Meinung vertreten, zu berichtigen, wenn sie falsche Gründe dafür haben.
Im Endeffekt strebe ich doch an, dass ich aus den richtigen und wahren Gründen mich für eine Seite entscheide. "Wahr" ist hier natürlich im pragmatischen Sinne gemeint.
Denn wenn Dinge vom Wesen her einfach so sind wie sie sind, und Person #1 hält genau diese für gut und richtig, und Person #2 für falsch und vernichtenswert, so sind doch beide Gründe wahr.
Weil sie sich auf den wirklichen Sachverhalt beziehen.

Ich achte einen Menschen, so sehr ich seine Ansicht auch verachte, jedoch sofort umso mehr, wenn er sie vernünftig erläutern kann und trotz großem Wissen darüber die - für mich - falsche Position wählt.
Und ich argumentiere gegen einen, der meine Ansicht vertritt, umso mehr, wenn er doch hanebüchene und dumme Gründe für Diese hat.

Wenn ich von einer Sache denke "Das ist etwas Gutes!", dann prüfe ich mich immer selbst und schaue, ob sie doch nicht so gut ist, doch viel wichtiger ist es bei Dingen, wo man sofort das Gefühl hat, es sei absolut verachtenswerter Schmarrn, dies zu tun und sich damit auseinanderzusetzen, bevor man die Meinung zu seiner eigenen macht.
Kenne den Feind, besser noch als deinen Freund, denn nur was man kennt, darf man auch begründet ablehnen.

Ein gutes Beispiel ist der dümmste Grund gegen Religion zu sein: "Wenn es Gott gäbe, würde er nicht Krieg etc. pp. zulassen!"
So ein Hirnfick. Laut dem Christentum hat er Menschen den freien Willen gegeben. Sie sind selbst dafür verantwortlich.
Das sind so Argumente, die schon sinnlos sind, wenn man sich nur minimal oberflächlich mit dem Christentum beschäftigt hat.

In solchen Momenten steht dann die Frage, sollte man Leute, die für die eigene Sache kämpfen/sind unterstützen, auch wenn sie noch so falsche Gründe dafür haben?
Da geht es dann um Zieldienlichkeit.
Realistisch gesehen ist es nicht möglich und schon gar nicht gewollt, dass alle in einer Gruppierung das gleiche Wissen haben. Es ist einfach simpler, wenn Abertausende das selbe Ziel verfolgen, ohne einen sinnvollen Grund dafür zu haben. Der Anführer braucht die dumpfe, geistlose Herde eben.

Würde man ein Ziel mit einem gelebten AD verfolgen, dann wäre es meiner Meinung nach eher der erstrebenswertere Weg sein, dass alle Leute die die Sache, für die man eintritt, verfolgen, aufklärt und bildet, da eben solche ungebildeten Leute den Ruf der Sache schädigen.

Aber ich für mich selbst sehe da keine Zieldienlichkeit. Da es kein Ziel gibt. Ich spiele den AD aus Gewohnheit heraus, vielleicht weil ich gern "klugscheiße" oder weil es einfach meine Art ist - und das eigentlich bei allen Themen, bei denen ich bewandert bin, schon fast automatisch.

Aber grundsätzlich ist der geistige Vorgang der einen AD bildet, doch elementar um ein Weltbild zu bekommen, dass frei und abgewägt ist.
Würde ich noch daran glauben, dass dies mit der gesamten Menschheit möglich ist, dann wäre dies der Weg sie aufzuklären und zu bilden, denn egal, was Diese dann denken, es ist das Wahre und Begründete, und da verweise ich auf Voltaire.

Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. 
- sofern es der pragmatischen Wahrheit entspricht, die Logik nicht niederstreckt und du es gut begründen kannst.

Man könnte vielleicht noch den Aspekt Vernunft hinzufügen, jedoch denke ich, dass Menschen ihrer Art nach nicht vernünftig genug sind und sein können, als das man das hinzufügen sollte.
Denn die potentielle Vernunft würde dann das Obige negieren, so dass Jemand, der sich an die Wahrheit hält, und daraus logisch eigene und begründete Schlüsse zieht einfach mit "Ich finde das aber nicht vernünftig!" ausgestochen werden könnte, womit die in dem Punkt erworbene Meinungsfreiheit wieder nichtig wäre.

Logik und pragmatische, d.h. empirische, Wahrheit jedoch sind wertfrei und objektiv in ihrer Art, so können auch 2 Dinge, die sich nicht vereinbaren lassen, beide logisch und wahr sein, ob moralisch richtig und vernünftig ist und bleibt jedoch subjektiv und Sache des Betrachters.