Dienstag, 24. Juli 2012

Aristoteles, der Antidemokrat & der Kontraktualismus

„Die politische Philosophie der Neuzeit ist in ihren historischen und systematischen Anfängen eine Philosophie der Herrschaftslegitimation. Sie ist darum radikaler als der politische Aristotelismus, der nur die Qualitätsdifferenzen zwischen Herr-schaftsraten zu begründen versuchte, nicht jedoch nach der Legitimität politischer Herrschaft über-haupt fragte.“
- Wolfgang Kersting 

Nach Aristoteles gibt es 6 mögliche Herrschaftsformen in einem politischen System. Hiervon dienen 3 den Herrschenden und 3 dem Volk.

Und ihr werdet lachen: Die Demokratie dient, trotz ihres Namens, den Herrschenden!

Ordungskriterium: Einer
Positiv: Monarchie
Negativ: Tyrannis

Ordungskriterium: Einige
Positiv: Aristokratie
Negativ: Oligarchie

Ordungskriterium: Alle
Positiv: Politie
Negativ: Demokratie

Demokratie ist in dem Fall die Form, bei der eben nicht alle Menschen des Volkes herrschen, sondern nur Vertreter dieser Bürger oder wenn es eine direkte Demokratie ist, so wäre immer noch eine Machtungleichheit unter den Bürgern vorhanden, abhängig von Status. Mitteln etc.
Die Politie stellt sich Platon als Staatsform vor, in denen eine Art selbstregulierendes System von Armen und Reichen, mächtigen und machtlosen, Dummen und Klugen sich automatisch ausgleicht.
In der Realität kann er sich dies allerdings schwer vorstellen, weshalb die Staatsform des Ordnungskriteriums Alle für ihn als die Ungeeignetste scheint.

Also bleibt die Herrschaft 1 oder weniger Personen zur Debatte stehen - die Grundfragen hierbei sind, somit: Wie kann Herrschaft legitimiert werden? Wann ist eine Herrschaft gut? Und wann ist Herrschaft besser, als die Freiheit fernab von ihr?


„Der Kern des philosophischen Kontraktualismus ist die Idee der Autoritäts- und Herrschaftslegitima-tion durch freiwillige Selbstbeschränkung aus eige-nem Interesse unter der Rationalitätsbedingung einer strikten Wechselseitigkeit.“
- Wolfgang Kersting
Durch den Vertrag (- Kontrakt) wird eine wechselseitige freiwillige Verpflichtung etabliert. Der Staat beschützt den Bürger, der Bürger dient im Gegenzug dem Staat.


„Freiwillige Verpflichtungen sind nicht normbe-gründet, sondern normbegründend; sie sind nicht geltungslogisch in externen generellen Normen verankert, sondern erweisen sich umgekehrt als interner Geltungsgrund individueller Normen.“
- W. K. 
In dem Moment wo man sich diesem Vertrag einverstanden erklärt, entscheidet man also über die Normen und über die Verpflichtungen im Staat. In diesen freiwilligen Verpflichtungen (Ich möchte Geld bezahlen, damit es Menschen gut geht, die in einer schlechten Lage sind. Ich möchte Geld bezahlen, damit die Polizei sich um meine Sicherheit sorgt.) manifestiert sich die Freiheit des Individuums.
 „als legitimiert, begründet, gerechtfertigt kann X […] immer dann gelten, wenn X auf argumentativ einsichtige Weise als Ergebnis eines Vertrages entwickelt werden kann, auf den sich die Beteiligten unter bestimmten wohldefinierten und allge-mein akzeptierten Bedin-gungen einigen könnten.“ Voraussetzungen- W. K.  
Der Kontraktualismus, also die Philosophie über den Gesellschaftsvertrag wird also von Vielen  unter verschiedenen Voraussetzungen behandelt:

Für Thomas Hobbes ist der Gesellschaftsvertrag das, was den Naturzustand (der bei ihm reine Anarchie und Krieg ist, in dem man immer um sein Leben fürchten muss), abwendet und daher größtenteils positiv konnotiert. Sein Hauptproblem ist das Sicherheitsproblem in der Gleichheit: "Niemand kann sich seiner gegenwärtigen Überlegenheit über Andere auf Dauer sicher sein."

Menschen misstrauen Anderen, fürchten um ihr Wohl und ihren Besitz und sind egoistisch. Somit ist es notwendig eine Machtinstitution zu errichten die präventiv und reaktiv vorgeht um Gewaltanwendung und den ewigen Krieg des Naturzustandes zu unterdrücken.

Indem die Menschen in den Gesellschaftsvertrag einwilligen sind von nun an Bürger und wie o.b., vollkommen souverän und erschaffen sich freiwillig ihren Frieden durch Annahme von Verpflichtungen.

Für John Locke ist der Naturzustand "ein Zustand vollkommener Freiheit, innerhalb der Grenzen des Gesetzes der Natur ihre Handlungen zu regeln und über ihren Besitz und ihre Persönlichkeit so zu verfügen, wie es ihnen am besten scheint, ohne dabei jemanden um Erlaubnis zu bitten oder vom Willen eines anderen abhängig zu sein. Es ist darüber hinaus ein Zustand der Gleichheit, in dem alle Macht und Rechtsprechung wechselseitig sind, da niemand mehr besitzt als ein anderer.“

Jedoch verneint er nicht, dass es im Naturzustand an einem unparteiischen Richter, Gesetzen und Autorität fehlt, wenn der Kriegszustand ein mal ausbricht. Es fehlt die Gewalt die die gerechten Urteile durchsetzt und ungerechte verhindert.


Aus den Defiziten des Naturzustandes leitet sich somit die Notwendigkeit einer gewaltenteiligen Organisation der Institution des Politischen ab, die nur so ihren originären Zweck, die Erhaltung von Leben, Freiheit und Besitz, erfüllen kann.

Da nach ihm jeder Mensch von Geburt an und Natur aus frei ist, so verliert er seine Freiheit auch nicht wenn er in einen Gesellschaftsvertrag einwilligt und sich einer Obrigkeit unterwirft, da er alles darauffolgende aus freien Stücken tut.


„Mit ihrem Eintritt in die Gesellschaft verzichten nun die Menschen zwar auf die Gleichheit, Freiheit und exekutive Gewalt des Naturzustandes, um sie in die Hände der Gesellschaft zu legen, damit die Legislative so weit darüber verfügen kann, wie es das Wohl der Gesellschaft erfordert. Doch geschieht das nur mit der Absicht jedes einzelnen, um damit sich selbst seine Freiheit und sein Eigentum besser zu erhalten“.
- John Locke 
Es gibt weiterhin ein Widerstandsrecht des Bürgers, dass ihm erlaubt, falls die Legislative Ungerechtigkeit verübt, diese zu vernichten, wodurch die Macht an das Volk zurückfällt und der Naturzustand somit vorerst wieder in Kraft tritt.

Bei Jean-Jacques Rousseau sieht die Sache ähnlich Lockes Naturzustand aus, doch findet er negativere Worte für den Gesellschaftsvertrag, ob denn er ihn für notwendig hält. So ist nach seiner Auffassung die gesellschaftliche Struktur das Übel allen Negativen, dass einen Menschen ausmacht, da dieser im Naturzustand grundsätzlich gut sei. Jedoch, sieht er den Menschen ohne Gesellschaft als nicht überlebensfähig an:


„Ich nehme an, dass die Menschen den Punkt erreicht haben, an dem die Hindernisse, die ihrem Fortbestehen im Naturzustand schaden, in ihrem Widerstand über die Kräfte siegen, die jeder ein-zelne aufbringt, um sich in diesem Zustand zu er-halten. Der natürliche Zustand kann dann nicht länger fortbestehen, das Menschengeschlecht würde zugrundegehen, wenn es seine Lebens-weise nicht veränderte.“
„Die Menschen […] verfügen […] zu ihrer Erhaltung über kein anderes Mittel, als durch Zusammenschluss ei-ne Summe von Kräften zu schaffen, die über jeden Wi-derstand zu siegen vermö-gen, und diese aus einem einzigen Antrieb heraus ge-meinschaftlich vereint wir-ken zu lassen.“
- J. Rousseau, Contrat Social
Für ihn stellt sich somit die Frage:
"Wie lässt sich eine Form des Zusammenschlusses finden, die mit aller gemeinsamen Kraft die Person und die Güter jedes Teilhabers verteidigt und schützt, und durch die ein jeder, der sich allen anderen anschließt, dennoch nur sich selbst gehorcht und ebenso frei bleibt wie zuvor. Das ist die grundsätzliche Schwierigkeit, für die der Gesellschaftsvertrag die Lösung bietet.“

- J. Rousseau, Contrat Social
Auf seine Freiheit zu verzichten bedeutet für ihn auf sein Menschtum und seine Menschenrechte zu verzichten. Dies sei mit der menschlichen Natur unvereinbar.


„Anstatt die natürliche Gleichheit zu zerstören, setzt dieser grundlegende Vertrag im Gegenteil eine sittliche und gesetzmäßige Gleichheit an die Stelle dessen, was die Natur an dinglicher Un-gleichheit zwischen die Menschen gelegt hat und wo diese an Kräften und Begabungen ungleich sein können, werden sie durch Übereinkunft und Recht alle gleich.“
„Jeder von uns unterstellt gemeinschaftlich seine Per-son und seine ganze Kraft der höchsten Leitung des Gemeinwillens, und wir em-pfangen als Körper jedes Glied als unzertrennlichen Teil des Ganzen.“ 
 - J. Rousseau, Contrat Social
„völlige Entäußerung jedes Mitglieds mit all seinen Rechten an das Gemeinwesen als Ganzes.“
 - J. Rousseau, Contrat Social 

... führt zur Problemlösung nach Rousseau:


„gibt sich jeder, da er sich allen gibt, niemandem“
„Dieser Akt des Zusammenschlusses schafft augenblicklich anstelle der Einzelperson jedes Vertragspartners eine sitt-liche Gesamtkörperschaft, die aus ebenso vielen Gliedern besteht, wie die Versammlung Stimmen hat, und die durch ebendiesen Akt ihre Einheit, ihr gemeinschaftliches Ich, ihr Leben und ihren Willen erhält.“ 
 - J. Rousseau, Contrat Social

Der Souverän besteht also hier aus seinen Mitgliedern, wodurch er keine Untertanen hat, sondern seine Untertanen ist.

Gehorcht man nun dem Gesetzt, gehorcht man dem Gesamtwillen, und da man einwilligte Teil des Gesamts zu sein, gehorcht man nur seinem eigenen Willen, ist ergo frei.


„Gesetze sind Akte des Ge-meinwillens.“
„Jedes Gesetz, das das Volk nicht selbst beschlossen hat, ist nichtig; es ist überhaupt kein Gesetz.“
 ... und schlussendlich:
„Gehorsam gegen das selbst-gegebene Gesetz ist Freiheit.“
„Ich nenne daher Republik jeden Staat, der von Gesetzen geleitet wird, unter welcher Verwal-tungsform er auch erscheint. Denn nur dann allein regiert das Staatsinteresse, und die öffentliche Sa-che hat ihren Wert. Jede rechtmäßige Regierung ist republikanisch.“
  - J. Rousseau, Contrat Social

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