Mittwoch, 18. Juli 2012

Libertas Inmensus Nili


Die große Freiheit des Nichts.

"Ich weiß, dass ich nichts weiß." ist der Satz der den Grundsatz des Nihilismus ausdrückt.

Verneinen wir eine objektive Wahrheit? - Ja!
Verneinen wir, dass es gut und böse gibt? - Ja!
Verneinen wir, dass es richtig und falsch gibt? - Ja!
Verneinen wir, dass es einen Sinn hinter dem Leben gibt? - Ja!
Sagen wir: Bring dich um, alles ist sinnlos und daher egal! - Nein! Auf keinen Fall.

Nur weil etwas objektiv gesehen sinnlos ist, muss (viel mehr sollte) es einem nicht egal sein.

Alles ist vom Standpunkt abhängig. Gut, Richtig, Böse, Falsch, sinnvoll, sinnlos.
Außer Logik. Die nicht, aber das ist eine andere Sache, da Logik nicht normativ (wertend, Moral einbeziehend) ist.
Ok - ändern wir das: Alles normative ist vom Standpunkt abhängig!


Ein gutes, anschauliches Beispiel bietet Star Wars: In Teil 1 - 3 sieht man die Geschichte aus Sicht des Imperiums. Das Imperium ist super. Das Imperium ist toll. Nieder mit den bösen Rebellen.
Teil 4-6 ist es umgekehrt.


Grundsätzlich ist es schon ein Problem: Da werden vermeintliche Diktatoren getötet, ohne zu fragen, ob die Menschen überhaupt wollen, dass diese wegkommen. Für die ein oder anderen ist es vielleicht nichts Gutes oder Richtiges.
Und am Ende ersetzen die "Stürzer", den Gestürzten durch etwas, was genauso schlecht oder schlechter ist.

Man kann nicht einfach umherlaufen, sagen man habe die objektive Wahrheit und keiner darf sie anzweifeln.
Das tun besonders monotheistische Religionen mit Vorliebe.

Am Ende muss man sich also für eine Seite entscheiden, sich aber gewahr bleiben, dass es keine objektive Wahrheit gibt und man nur einen Weg verfolgt.

Das soll nicht heißen: Verwirf deine Ideale und werde Anarchist oder Hedonist. Wobei das durchaus auch früher synonym genutzt wurde.
Denn im Endeffekt ist gelebter Hedonismus und Anarchismus eine Form des Nihilismus.

Aber solch plumper, primitiver Nihilismus ist es nicht wert, als philosophisches Ideensystem anerkannt zu werden. Destruktiver Nihilismus für schwache Menschen, die einen vorgegebenen Weg benötigen, um nicht in sich zu zerfallen.

Konstruktiver, existentialistischer Nihilismus ist laut Nietzsche der Weg zum Übermensch.
Wie der Mensch die Brücke zwischen Tier und Übermensch darstellt, so ist der Nihilismus der Weg zwischen Mensch und Übermensch, aber nicht das Ziel!

Nihilismus, der auf Liberalismus fußt, ist sozusagen der Weg die Fesseln zu sprengen, die einen zum Menschen machen.

Das ganze ist natürlich sehr theoretisch und schwammig, aber die Grundgedanken sollten klar sein.

Doch es gibt da noch die emotionale Seite: Wer das Gefühl hat, dass es hanebüchen klingt, dass irgendeine absonderbare Existenz einem Sinn spenden soll, denn man sich nicht aussuchen kann, oder, dass es völlig egal ist, was Fremde und das System von einem verlangen, sucht sicher - wie jeder Mensch - dennoch nach einem Anker im Leben.
Die meisten Menschen finden ihn in der Religion, die anderen in Ersatzreligionen wie dem Humanismus und anderen Ideologien, aber was ist mit denen, die - so gut ihre Seele und ihre Ziele auch sein mögen - keinen Grund oder Sinn dafür finden?

Diese werden entweder Hedonisten und machen einen auf YOLO - Hauptsache Spaß, Alles Egal! - was dem Nihilismus auch einen schlechten Ruf beschert, oder freunden sich mit dem Gedanken an, dass das Leben selbst (wie Goethe schon sagte), also die Existenz, den Sinn spendet.

Wo kein Sinn ist, da schaffen wir einen! Mit unserem Denken, Handeln und Leben.

Wünsche aus uns selbst heraus sind mehr wert, als solche, die von anderen gefordert werden.

Kommunitaristen würden nun sagen:
"Aber, aber: Ein individualisiertes Gesellschaftssystem, in dem sich jeder jeden Tag auf's Neue entscheiden muss und die Wahl hat und sogar den Zwang hat das System und seine Wahlen zu hinterfragen, ist unglaublich instabil! Sowas kann nicht funktionieren!".

Denen sei gesagt: Ein Nihilist strebt auch etwas an, dass jenseits eines Gesellschaftssystems liegt. Gesellschaftssysteme sind menschlich. Der Nihilist strebt etwas Besseres, als den heutigen Menschen, an.

Und gerade Kommunitarismus der nur aus Kritik am Liberalismus besteht, ohne irgendeinen Gegenentwurf zu bieten, ist eh eher weniger ernst zu nehmen.

Nichtsdestotrotz kann man die Hoffnung ab und an mal verlieren, dass es überhaupt möglich ist, dass mehr als 0,0001% der Menschen sich einem solchen Weg zu wenden. Und sie so verdammt sind, auf ewig geleitet und regiert zu werden.

Dennoch bleibt man bei seinen Idealen. Denn Nihilismus ist nichts. Keine Regel. Kein Gesetz. Es ist der Versuch gedanklicher Freiheit. Autarkie gegenüber der Welt. Stetig Fesseln sprengen und neue Wege finden. Nichts als objektive Wahrheit anzuerkennen. Denn nichts hat Beständigkeit, außer dem Nichts.

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