Sonntag, 10. Juni 2012

Politik ist blöde - Rechts, Links, Mitte, Radikal, usw.

Rechts, Links, Mitte, Radikal, extremistisch, konservativ, sozial, sozialistisch, national, patriotisch.

So viele verwirrende Worte und das ist nur die Spitze des Eisberges: Und dann werden auch noch dutzende Wörter synonym benutzt, die gar nicht zueinander passend und noch viel schlimmer - der Begriff ist immer im Wandel, was die Sache noch komplizierter macht.

Fangen wir beim Ursprung an: Sitzordnungen.
Die konservativen und reaktionären Kräfte saßen meist auf der rechten Seite im Parlament während der Julimonarchie in Frankreich.
Die oppositionellen, sozialistischen Kräfte saßen zur Linken.
In der Mitte traf sich dann beides.

Damit zu beginnen ist allerdings reichlich unsinnig, da die Bedeutung sich inzwischen stark gewandelt hat, und die meisten Attribute nicht mehr zwingend zu "Links", "Rechts" oder "Mitte" gehören.

Es gibt reaktionäre, aber auch revolutionäre, Rechte. Es gibt sozialistische, aber auch liberale, Linke. Und so ist es doch beinahe unmöglich eine wirkliche Zuordnung der Attribute zu Politbezeichnung, die aus der Sitzordnung hervorging, zu treffen.

Von daher gehe ich auf die Attribute selbst ein und erwähne ein wenig nebenbei, wer sich heute eher wo sieht und wo gesehen wird.

Dabei darf nicht vergessen werden: Es gibt keine ganzheitliche Definition, nur Tendenzen, und prinzipiell kann Jeder Alles sein, ohne sich selbst zu widersprechen.

Die Sitzordnung hätten wir damit geklärt und für völlig irrelevant erklärt.

Attribute haben jedoch weiterhin einen beschreibenden Zweck.


Reaktionär ist, wer bestimmte alte Verhältnisse wieder herstellen will, also wider die Moderne ist.
Wird heute meist im Zusammenhang mit der politischen Rechten verwendet und bezeichnet eine Haltung die, die gegen die Fortführung der gesellschaftlichen Veränderungen ist, die durch die französische Revolution geschahen.

Revolutionär ist, wie man sich denken kann, der, wer die bestehenden Verhältnisse umwerfen will, eine Neuerung herbeiführen und ein neues System einführen.
Wie das Ergebnis des Umwurfs aussieht ist dabei irrelevant, somit gibt es Revolutionäre in allen Spektren. Der Unterschied zum Reaktionär ist, dass man sich nicht auf bereits einmal existierende Systeme beruft, sondern etwas gänzlich Neues schaffen will.

Konservativismus ist eine politische Ordnungslehre, wird heute einfach oft synonym für "altbacken sein", genutzt. Dies ist allerdings dem Fakt geschuldet, dass der Konservativismus in den letzten Generationen vorherrschte und einfach nur für die Erhaltung des Bekannten besteht. Eine kontinuierliche Fortführung von unantastbaren Grundsätzen ist hierbei das Zentrum der Idee.
Im Sinne von "never change a running system."
So werden bestimmte Werte und Ansichten geehrt und große Veränderungen daran abgelehnt.
Konservativismus kommt im Regelfall zusammen mit antiegalitären, naturrechtlichen Ansichten vor.

Extremismus bezeichnet den Teil der politischen Ideologie, der am weitesten entfernt ist vom derzeit herrschenden System und die größten Widersprüche mit ihm aufweist und im Regelfall auch für die Abschaffung dessen einsteht.
Extremismus ist daher abhängig vom Zeitgeist und von den vorherrschenden Zuständen.

Radikalismus ist ähnlich, aber nicht gleich, dem Extremismus: Radikal ist die Ideologie, die eine Neuordnung und einen Umsturz des politischen Systems fordert.
Nur logisch: Man muss nicht extremistisch sein, um radikal zu sein. Allerdings ist Extremismus, meist auch radikal. Auch wenn man viele Gemeinsamkeiten zum System bestehen, kann man dennoch einen Umsturz befürworten.

Sozial ist im Grunde jeder, der nicht alleine im Wald lebt. Sozial bezeichnet einfach ein wechselseitiges, fürsorgliches Miteinander, dass das Leben bestmöglich zu allen Seiten gestaltet und "zur Gruppe gerichtet" ist.
Sozialistisch jedoch pocht auf Solidarität, Gleichheit und Gerechtigkeit, jedoch unter der Prämisse, dass das Volk als Ganzes über dem Individuum steht. Dabei kann der Sozialismus in dutzenden Formen, autoritär, antiautoritär, national (oho! Nazis!), usw. auftreten.

National bedeutet im Grunde, dass man seine Nation gegenüber anderen bevorzugt in allen Belangen.
Patriotisch bedeutet, dass man zu seiner Nation offen steht, sie doch nicht über andere Nationen stellt.

Liberalismus ist die dritte große politische Strömung (alle unterstrichen) und somit eher komplexes Ideensystem, denn politisches Attribut.
Liberal bedeutet, wie der Name schon sagt, freiheitlich und ist vornehmlich auf das Individuum gerichtet und nicht auf die Gruppe.
Entstanden ist er in der englischen Revolution im 17. Jahrhundert, auch wenn seine Nähe zur Aufklärung und der französischen Revolution nicht zu verneinen ist.
Im Zentrum des Liberalismus steht der Schutz und die Freiheit des Einzelnen. Im Gegensatz zum egalitären Sozialismus und zum antiegalitären Konservatismus, gibt es innerhalb des Liberalismus beide Ansichten, im Normalfall widersprechen sich jedoch vor allem Liberalismus und Sozialismus.

Egalitär meint die Gleichheit aller Menschen. Dies wird verwandt von der Anerkennung der Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung (Alle haben die gleichen Rechte und Chancen verdient. Hier wird die Anerkennung von menschlicher Diversität, bei gleicher und fairer Behandlung, angestrebt.) aller Menschen, bis hin zur Gleichmachung (Alle haben den gleichen Besitz und die exakt gleichen Rechte und Pflichten, unabhängig davon, ob sie es wünschen oder dazu geeignet sind. Hier wird die Auflösung von Unterschieden angestrebt.) der Menschen.
Antiegalitär bedeutet im Gegenzug, dass man nicht allen Menschen die gleichen Rechte zugesteht und sie nicht als gleich und/oder gleichwertig ansieht (merke: gleich =|= gleichwertig).

Pluralismus bzw. pluralistisch bezeichnet die Ansicht, dass Macht nicht auf Punkten konzentriert, sondern gleichmäßig in der Gesellschaft verteilt sein sollt, bspw. wie es in einer direkten Demokratie der Fall wäre.

Demokratisch ist jede Form die eine Einbindung des Volkes als politische Entscheidungsinstanz wünscht von der parlamentarischen (wie in der BRD) bis zur direkten (wie Nirgendwo).

Absolutismus beschreibt den Zustand, meist in Monarchien, dass ein einzelner Herrscher alle politischen Vollmachten in sich vereint.

Feudalismus fanden wir vor allem im Mittelalter vor und bezeichnet einen Bauernstaat, in dem die Bauern und auch Leibeigene dem Herrscher und/oder Grundherren hörig sind, für ihn produzieren und Abgaben leisten, und im Gegenzug Land und Mittel gestellt bekommen.

Anarchismus ist eine Ideenlehre, die die Auflösung von staatlicher Organisiertheit anstrebt und hierarchische Gedanken ablehnt.

Hierarchisch meint, dass eine Rangordnung im System, vorhanden ist und als notwendig erachtet wird und somit antiegalitär.

Kapitalismus ist ein wirtschaftliches, aber auch gesellschaftliches System, das Privateigentum in Verbindung mit Steuerung des Marktes, durch Konsum und Produktion, unter einer nach Gewinn und Expansion strebenden Güterwirtschaft, als Grundstein für ein gerechtes Zusammenleben, sieht.

Autoritär ist eine passive Form von Diktatur mit begrenztem Pluralismus, die nur regiert, aber die Gesellschaft eigenständig wachsen lässt.
Totalitarismus ist eine aktive Form der diktatorischen Herrschaft, bei der mit bspw. Massenorganisation in die Gesellschaft hinein gewirkt wird, um sie zu formen und zu gestalten und somit "total" ist, also auf alles gesellschafliche aktiv Einfluss nimmt.

Neoliberalismus ist Liberalismus der eine staatliche Ordnunsgpolitik "So wenig Staat wie möglich, so viel Staat wie nötig." wünscht, prinzipiell jedoch eine heterogene Strömung. Neoliberalismus wird meist dem Rechtsliberalismus zugeordnet und ist so ein Bindeglied aus konservativen und liberalen Ideen.

Libertarismus ist für den Liberalismus das, was der Apatheismus für den Atheismus ist. Im Endeffekt ist es eine Form des Liberalismus, ich selbst zähle ihn aber nicht dazu und dem tun so viele. Viele anarchistische und sozialistische Politideologien zählen wenn man es genau nimmt zum Libertarismus. Dabei befindet sich Libertarismus zwischen engem Schnittpunkt zum Neoliberalismus bis hin zu linksextremem Liberalismus und formt in der Regel eher den sozialorientierteren und linkeren Liberalismus, der den Staat und eine große Ordnung grundsätzlich noch weit mehr ablehnt, als der eigentliche Liberalismus es tut.

Kommunismus ist eine Lehre, die eine klassenlose Gütergemeinschaft ohne Privateigentum anstrebt.

Aristokratie bezeichnet eine hierarchische, antipluralistische Ideenlehre, die die Herrschaft weniger Auserwählter über den Rest wünscht. Die Wenigen sind dabei besonders befähigte Individuen, auf welche Art besonders begabt, ist nicht näher definiert, wodurch viele Arten der Minderheitsherrschaft dazugehören. Wortbedeutung: "Die Herrschaft der Besten"

Ein Monarch ist ein Staatsoberhaupt, dass durch göttliche Bestimmung oder Erbe dazu ernannt wurde.

Faschismus war ursprünglich eine Selbstbezeichnung der italienischen Rechten unter Mussolini bis 1943.
Faschismus wird heute beinahe nur noch mit Nationalsozialsmus und rechter Politik in Verbindung gebracht, dabei ist Faschismus einfach nur eine totalitaristische Ideenlehre, die die "Idee" über Volk und Individuum stellt und eine Durchsetzung des angestrebten Systems mit allen Mitteln versucht.

Alle Bezeichnung sind immer Standpunktabhängig: Bezeichnet der Pöbel prinzipiell nur die pöhsen Nazis als "Faschos", so sind eigentlich die meisten politischen Systeme der letzten Jahrhunderte faschistisch. Aus der Sicht von den meisten Liberalen sind besondern sozialistische Systeme faschistisch und wenn man es ganz genau nimmt ist auch der deutsche Rechtsstaat zu Teilen faschistisch.

An diesem Punkt muss man schauen: Wo beginnen sinnvolle notwendige Gesetze, und wo beginnt Kontrolle und somit Faschismus?!

Ebenso sind Links - Rechtsbezcichnungen schwammig und unlogisch.
So sind Nationale Sozialisten vom Kern her - auch heute noch - linksextremistisch.
Faschistisch und totalitär sind sie ebenso, jedoch sind sie da nur Einige under Vielen.
Aber am Ende sind sie immernoch nationale Sozialisten.
Und die meisten Sozialisten sind oder waren nationalistisch *hust* UDSSR *hust*. In der Tat ist die Nähe zwischen russischen Sozialismus und deutschen NS nicht von der Hand zu weisen.
Der deutsche NS, wie auch jeder andere Sozialismus, ist autoritär und antiliberal.

Im Übrigen sahen sich auch die Nazis selbst als Linke:

„Der Idee der NSDAP entsprechend sind wir die deutsche Linke… Nichts ist uns verhasster als der rechtsstehende nationale Besitzbürgerblock.“
Joseph Goebbels, 1931 in „Der Angriff“

„Meine gefühlsmäßigen politischen Empfindungen lagen links.“
Adolf Eichmann, Organisator der Massenmorde an den Juden, in seinen Memoiren

"Wir haben die linken Klassenkämpfer liquidiert, aber leider haben wir dabei vergessen, auch den Schlag gegen rechts zu führen. Das ist unsere große Unterlassungssünde.“
Hitler, 24. Februar 1945, Tagung der Reichs- und Gauleiter, zitiert bei Rainer Zitelmann in „Hitler–Selbstverständnis eines Revolutionärs“, Seite 457
 “Wir werden auch nicht schweigen in dieser Auseinandersetzung, denn schließlich war der Nationalsozialismus auch eine Variante des Sozialismus, und seine große Schwungmasse hat er nicht von dem Strandgut des Ersten Weltkrieges, von den Freikorps, vom verarmten Mittelstand oder vom Bürgertum bezogen. Seine Schwungmasse hat er von den Millionen Sozialisten bezogen, die der SPD damals als Wähler davongelaufen sind.”" - Franz-Josef Strauß 


Die heutige Parteienlandschaft in Deutschland besteht ebenfalls beinahe nur aus Linken:
SPD - mitte Links, Die Linke - sozialistisch & links, Grüne - links & ökologisch, Piraten linksliberal, CDU - mitte rechts & (jedenfalls noch ein bisschen) konservativ, FDP neoliberal (mehr oder weniger) & mitte rechts.

Philipp Rösler sieht die FDP übrigens als einzige rechte Partei unter den deutschen Großparteien.
Die üblichen "Fascho" und "Naaahtsie"-Schreier ignorieren natürlich, dass sie nun die FDP auch als Nazis bezeichnen müssten, wenn doch rechts = Nazi.


Bei den Kleinstparteien sieht es ähnlich aus: Die meisten sind linksliberal. Wenn die NPD das ist, was sie vorgibt zu sein, wäre sie wohl als linksextremistisch, totalitär & reaktionär einzustufen. Gruppierungen wie die Freiheit oder Pro NRW sind viel mehr rechtskonservativ, als "Nazi", aber zu vernachlässigen, da meist populistische Dummschwätzer ohne Einfluss.

Da haben wir noch einen Begriff - Populismus auf einfach: man erzählt das, was die Leute hören wollen. Man redet den Wählern nach dem Mund. Und so geben Pro NRW die xenophoben Übernazis, weil es gut ankommt bei dem Klientel, an das sie herankommen wollen.
Populismus ist ein Mittel der Politik Ängste, Krisen und Unzufriedenheit der Bevölkerung zu instrumentalisieren um an ihre Stimmen heranzukommen.

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